Situation der achtziger Jahre

In den 70er Jahren galt in Schleswig-Holstein ein Landschaftspflegegesetz (überarbeitet in 1982), das einen gewissen Schutz für den Naturraum darstellte. “Eingriffe in Moore, Sümpfe, Brüche, Heiden, Dünen und Trockenrassen sind unzulässig.” §11 (1). Hinzu kamen Bestimmungen zu besonders geschützten Arten. Dieser Schutzstatus zeigte sich immer dann als nicht stark genug, wenn andere Interessen eine Rolle spielten. Die Schaffung von wirtschaftlich nutzbaren Flächen durch “Urbarmachung” von Mooren und anderen Feuchtgebieten hatte eine jahrzehnte lange (jahrhunderte lange) Tradition.

Anfänge des Naturschutzgebietes, Antragstellung 1982

Der Antrag, das Feuchtgebiet zwischen Appen und Heist als Naturschutzgebiet zu erklären, wurde von Peter Boye im Jahr 1982 beim Ministerium in Kiel eingereicht.

1995 trat dann die Schutzbebietsverordnung in Kraft, dreizehn Jahre Bearbeitungszeit. Der Name Appener Moor hat sich nicht durchgesetzt, es blieb bei dem etwas sperrigen Begriff “Tävsmoor/Haselauer Moor”, heutzutage meist mit Tävsmoor abgekürzt.

Peter Boye beim Deutschen Jugendbund für Naturbeobachtung

In den Jahren 1980 ff war das Gebiet des heutigen Naturschutzgebietes Tävsmoor / Haselauer Moor weitgehend ungeschützt und vielen Nutzungen ausgesetzt. Peter Boye und andere sahen voraus, dass weitere Änderungen am Gebiet und verstärkte Nutzung den noch vorhandenen Wert als Naturgebiet schädigen würden. Der Bestand an Tieren und Pflanzen wurde deshalb ausführlich erfasst, nicht nur auffällige Blütenpflanzen und Vögel, sondern auch Libellen, Schnecken, Mäuse und vieles mehr. Das so entstandene Gutachten war die Begründung für den Antrag zur Schaffung eines Naturschutzgebietes, das den Arbeitstitel Appener Moor trug. Dieser Antrag wurde von Peter Boye als Privatperson am 11.03.1982 gestellt.

Gutachten über das Tävsmoor/Haselauer Moor (damals Appener Moor)

Das Gutachten von Peter Boye über das Appener Moor wurde 1984 als Band 13 der Naturkundlichen Beiträge des DJN veröffentlicht. Bei Interesse kann das 140 Seiten starke Buch bei uns eingesehen werden. (Mail an hans.rutar (bei) taevsmoor.de).

1: Entwässerung

In beide Richtungen (Nord und Süd) wurde Mitte des 20sten Jahrhunderts die Entwässerung vorangetrieben, in Übereinstimmung mit den zuständigen Behörden.

Der Happelbach wurde nach 1960 begradigt und tief in die Landschaft eingeschnitten. Sowohl der Happelbach selber als auch die zuführenden Gräben wurden regelmäßig ausgebaggert. Die Schachblume verschwand in den folgenden Jahren aus dieser Fläche.

Aus der Appener Beek wurden insbesondere 1981 die Wasserpflanzen und die Ufervegetation entfernt. In der Folge sank der Wasserstand im Umfeld um ca. 30 cm. Das betraf auch den Bruchwald im nördlichen Moorbereich.

2: Eutrophierung

Aus den Düngungen der landwirtschaflichen Flächen um das Moor herum wurde immer auch –  unbeabsichtigt – Dünger ins Moorgebiet eingebracht, teils durch Windverwehungen, Teils durch aus den Flächen abfließendes Wasser, dem die Nutzpflanzen nicht alle Nährstoffe entnommen hatten.

Die Fischgewässer im Gebiet wurden aktiv mit Phosphaten gedüngt, und offenbar wurde Nahrung für die Fische direkt eingebracht.

Die Appener Kaserne hatte ein eigene Kläranlage, das Abwasser der Kläranlage floss durch den nördlichen Moorteil in die Appener Beek.

3: Eintrag von Giftstoffen

Genereller Hinweis auf Spritz- und Streumittel, die in Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Baumschulen üblich sind. Der saure Regen mit Stickstoff und Schwefelverbindungen war generell Thema in den achziger Jahren, betraf nicht speziell das Tävsmoor.

Im Mai 1981 wurde auf einer Fläche der Happelbachwiesen illegal Klärschlamm ausgebracht.

Ablagerung von Hausmüll, alten Kraftfahrzeugen und Bauschutt war zu Beginn der achziger Jahre nicht ungewöhnlich

4: Straßen- und Wegebau

Ende der 70er Jahre wurde die breite Asphaltstraße neu gebaut, die von der Einfahrt des Flughafens am Happelbach entlang führt und blind endet. Der dort geplante Schießstand wurde nie errichtet. Peter Boye äußert die Befürchtung, dass die Straße, da nun schon teilweise vorhanden, bis Appen Etz verlängert wird. Damit würde das Moorgebiet vom umgebenden Grünland abgeschnitten. Eine Fahrbahn von einigen Metern Breite ist auch ohne Autoverkehr eine Sperre für kleine Lebewesen wie Schnecken oder Krabbeltiere. Diese vermeiden eine vegetationslose Fläche mit ganz anderen Feuchtigkeits- und Temperaturverhältnissen als ihr angestammter Lebensraum.

Es wird die Gefahr gesehen, dass die Betonspurbahnen asphaltiert werden (wenige Dezimeter breite Fahrspuren werden durch fast drei Meter breite Asphaltfahrbahnen ersetzt). Ebenfalls wird die Befürchtung geäußert, dass die Wanderwege befestigt werden, verbreitert und begradigt werden.

5: Grünlandnutzung

Die Untersuchung von Peter Boye fand zu Beginn der achziger Jahre statt.  Zu der Zeit war zu erwarten, dass weiteres Grünland in Ackerland umgewandelt wird, was für die Vegetation an Wildplanzen – der natürlichen Vegetation – klarer Weise schädigend ist.

Zur Zeit der Untersuchung wurde generell die Grünlandnutzung intensiviert. Thema waren Walzen, mehrfache Maht im Jahr und starke Beweidung mit Kühen und Pferden, die den Boden verdichten. Genannt werden auch Ponys auf der Nordseite der Straße an den Happelbachwiesen. Andererseits bestand in den selben Jahren die Entwicklung, dass die Nutzung von Grünland ganz aufgegeben wurde. Wenn die Maht unterbleibt oder das Mähgut nicht aus der Fläche entnommen wird, ist dieses Grünland für einige Planzenarten kein geeigneter Lebensraum mehr. Die Vielfalt und der Blütenreichtum der extensiv genutzten Feuchtwiesen wird verschwinden. Namentlich der Orchideenwiese und der Fläche an den Wachterteichen (Norden des Gebietes) war diese Entwicklung zu beobachten. Die feuchten Grünländer würden sich dann im Laufe der Jahrzehnte zu Bruchwäldern entwickeln.

6: Naturschädigende Pflegemaßnahmen

Die im Abschnitt Entwässerung genannten Gewässervertiefungen beschädigen die Ufervegetation und entfernen die Unterwasserpflanzen wie Wasserfeder und Alpen-Laichkraut. Der Aushub deckt die Uferpflanzen zu. Einseitig profitiert der Wasser-Schwaden davon, da dieses Süßgras im Unterschied zu andern Pflanzen des Uferbereiches gut wieder austreibt dank der Nährstoffe, die der Wasser-Schwaden in seinen Wurzeln einlagert.

Das Landschaftselement “Knick” bedarf einer regelmäßigen Pflege. Nach den Beobachtungen von Peter Boye werden die Knickts im Randbereich des Tävsmoores teilweise gar nicht geschnitten und überaltern, teilweise wird zu tief abgeschnitten oder das Buschwerk nicht in geeigneter Weise verarbeitet.

Echte Hochmoore können aus Naturschutzsicht gefördert werden, wenn starker Birkenbewuchs entfernt wird. Peter Boye formuliert in seiner Untersuchung Zweifel, dass zuvor von Naturschutzvereinen durchgeführten Entholzungen im Tävsmoor naturfördernd waren, das im weitern Bereichen nicht Hochmoor, sondern Zwischenmoor ist.

7: Entnahmen von bestimmten Pflanzen

Zum Zeitpunkt der Untersuchung (um 1982 herum) wurden im Norden des Untersuchungsgebietes Wildpflanzen für gewerbliche Zwecke entnommen. (z.B. Mädesüss, Sumpdotterblume). Neben der direkten Entnahme wurde die Vegetation durch das Betreten der Flächen geschädigt.

Auch Privatpersonen entnehmen der “Wildnis” Tävsmoor Pflanzen für den eigenen Garten und Gartenteich, Zwerg-Igelkolben, Zungen-Hahnenfuß, beide Sonnentau-Arten, Lungen-Enzian, Königsfarn und Orchideen.

Trittschäden an der Vegetation entstehen beim Pilzsammeln und bei der Ernte der Moosbeere, die auf einigen Torfmoosflächen vorkommt und im Herbst von Kennern gerne gesammelt werden.

8: Erholungsverkehr

Die Einwohnerzahl der umliegenden Gemeinden – namentlich in Appen – stieg in den 60er und 70er Jahren. Dadurch erhöhte sich der Druck auf die Flächen durch Erholungssuchende: Trittschäden, Störungen der Tiere, Abfälle und Pflücken von Handsträußen. Die schon genannten Pilzsammler und Beerensucher seien hier wiederholt.

Naturfotografen, Insektensammler und botanisch interessierte Personen störten in den Gebiet in nennenswerten Ausmaß.

In den Jahren der Untersuchung waren die Happelbachwiesen offenbar wiederholt von Modellflugzeugen genutzt, die bei den Wiesenvögeln wie Störungen durch Greifvögel wirken. Motorcross-Fahrten durch das “wilde” Gelände waren beliebt, die Erholungssuchenden fuhren mit dem Kraftfahrzeug weit ins Moorgebiet hinein.

Die Möblierung der Landschaft – Hinweistafeln, Bänke, Unterstände – stört im Naturgebiet. Nach Einschätzung von Peter Boye könnte es im Moorgebiet zu Störungen in ähnlichen Ausmaß wie bereits 1980 in den Holmer Sandbergen zu beobachten war.

9: Flugplatz und Kaserne

Vom Flugplatz und vom Kasernengelände ausgehend stören Motorlärm und Schüsse. Einschränkend hält Peter Boye fest, dass diese Lärmbelästigung für den Naturhaushalt von untergeordneter Bedeutung ist. Je nach Jahreszeit sind die Auswirkungen von Miltärmanövern erkennbar, besonders dann, wenn mit der Militärübung auch Erdbewegungen (Gräben) verbunden sind.

10: Verschandelung der Landschaft

Im Moorgebiet wurden Bretterbuden,(Jäger-)Zäune, Fichtengruppen, steile Teichufer errichtet, Ablagerung von Plastikmüll und Gartenabfällen war häufig zu beachten.

11: Einbringen standortfremder Arten

Anfang der 80er Jahre wurden immer wieder Karpfen und Schleie in den Moorsee eingesetzt. Diese würden ohne Zutun des Menschen in dem Moorgewässer sterben.

Im Gebiet wurden Lärchen und Grauerlen gepflanzt, die eigentlich nicht ins Moorgebiet passen. Fichten wurden einzeln an den Angelteichen und auch in größeren Aufforstungen eingebracht.

Calla und Spreizender Hahnenfuß sind zwar einheimische Arten, kamen allerdings im Tävsmoor nicht vor. Diese wurden über die Teiche der Firma Wachter ins Gebiet eingebracht. Diese Pflanzen breiten sich über den für die Pflanzenzucht vorgesehenen Teich ins Moorgebiet hinein aus.

12: Genehmigung neuer Nutzungen

Eine weitere Intensivierung der Nutzungen im Gebiet war Anfang der 80er Jahre zu erwarten. Genannt werden weitere Angelteiche, Umwandlung von Grünland in Ackerland, zusätzliche Anzuchtflächen für Gärtnereien. Diese Intensivierungen könnten auf Grund der zum Zeitpunkt der Untersuchung bestehenden Rechtslage sogar mit behördlicher Genehmigung erfolgen, auch wenn es auch Naturschutzsicht Fehlentscheidungen wären.

Situation der achtziger Jahre: 12 Eingriffe und Bedrohungen

Das Gutachten von Peter Boye geht auf Eingriffe und Bedrohungen ein, die vor dreißig Jahren aktuell waren. Was war in den achziger Jahren aus der Sicht des Naturschutzes nötig, um viel Natur im Tävsmoorgebiet zu bewahren? Das damalige Gutachten sieht 12 Eingriffe und Bedrohungen. Drei Jahrzehnte später hat sich die Welt geändert, darauf wird an dieser Stelle nicht eingegangen.

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