Wiedervernässung Moor und Klima
Prof. Lars Kutzbach vom Institut für Bodenkunde der Universität Hamburg berichtete in Quickborn beim Förderverein Himmelmoor ausgewählte Ergebnisse zum Themenkreis Wiedervernässung, Moor und Klima.
Messturm im Himmelmoor
Wanderer sehen im Himmelmoorgebiet seit einigen Jahren inmitten in der Abbaufläche einen mit technischem Gerät ausgestatteten acht Meter hohen Turm. Prof. Kutzbach zeigt auf, wie dort seit einigen Jahren die Abgabe und Aufnahme von Kohlenstoffdioxid CO2 und Methan CH4 aus den dem Messturm benachbarten Moorflächen gemessen wird. Die Genauigkeit der Messungen ist eindrucksvoll. Man sieht den Tag-und-Nacht-Rhythmus der Photosynthese. Nur am Tag nehmen die grünen Pflanzen CO2 aus der Luft auf und wandeln dieses in Pflanzenmaterial um. In der Nacht – ohne Sonnenlicht – atmen die Pflanzen genau wie Tiere und geben CO2 ab. Die Messanlage sieht diesen Unterschied. Und natürlich auch den Unterschied der Stoffwechselprozesse zwischen Sommer und Winter. Im Winter ruht die Aktivität des Lebens weitgehend, es wird kaum CO2 und CH4 abgegeben.
Messung von CO2 Kohlendioxid
Der Messturm steht genau an der Grenze zwischen wiedervernässter Torffläche und trockener Torffläche, auf der in den vergangenen Monaten noch Torf abgebaut wurde. Je nach Windrichtung erhalten die Messinstrumente dann Luft aus der vernässten Fläche oder aus der trockenen Abbaufläche. Aus der trockenen Fläche kommt mehr CO2. Das liegt daran, dass dort unter Lufteinfluss Torf bakteriell abgebaut wird. Torf ist historisch altes Pflanzenmaterial und geht bei Zersetzung wieder in CO2 über.
CO2 ist ein Treibhausgas, das bedeutet, es trägt zur Erderwärmung bei. Durch den Abbau der Moore bringt der Mensch zusätzliches CO2 in die Atmosphäre. Im Gegenzug bedeuten die Messwerte von CO2, dass die Wiedervernässung die CO2-Abgabe des Moores senkt, daher gegen die Erderwärmung wirkt. Man kann hoffen, dass langfristig, wenn das Wachstum der Torfmoose wieder in Gang gekommen ist, die wiedervernässten Flächen CO2 aus der Atmosphäre entnehmen. Das Moor bindet wieder CO2, wie es seit Ende der Eiszeit üblich war. Dabei entstand weltweit viel Torf, 550 bis 620 Gigatonnen. Zur Veranschaulichung: das ist ungefähr genausoviel Kohlenstoff, wie aktuell weltweit in allen lebenden Pflanzen und Tieren gebunden ist, inklusive aller Wälder.
Messung von CH4 Methan
Doch Prof. Kutzbach und seine Kollegen haben noch weitere Messungen durchgeführt. Da geht es um das Methan, CH4. Methan ensteht auch im nassen Moorboden. Das wissen wir aus den Märchen und Erzählungen, die Irrlichter des Moores sind kleine Methanflämmchen, die der einsame Wanderer unter geeigneten Bedingungen nachts im Moor erleben kann.
Dieses Methan CH4 ist ein recht wirkungsvolles Treibhausgas, es trägt 35-mal stärker zur Erderwärmung bei als CO2. Und das ist die Begründung für das große ABER, das Prof. Kutzbach zur Moorwiedervernässung im Zusammenhang mit dem Klima vorbringt. In nassen Moorflächen entsteht CH4 im Boden. Auf dem langsamen Weg des Methans nach oben bauen Bodenbakterien einen Teil des Methans wieder ab. Nicht alles CH4 gelangt in die Luft, vieles wird noch im Boden wieder abgebaut.
Gegenläufiger Effekt von CO2 und CH4
Im Himmelmoor und anderen wiedervernässten Mooren ist der Boden gestört, er besteht nicht mehr nur aus dichten Torfmoosschichten. So können entlang der Wurzeln von Seggen und anderen Pflanzen nennenswerte Methanmengen schnell dem Boden entweichen. Nasser Moorboden gibt CH4 an die Atmosphäre ab. Das fördert die Erderwärmung. Weniger CO2, mehr CH4. Prof. Kutzbach und seine Mitarbeiter haben gemessen und gerechnet. Dabei wurde auch noch die Wirkung von N2O (Stickoxid) berücksichtigt, das ebenfalls im Moor entsteht, wenn auch in noch kleineren Konzentrationen. Die von Prof. Kutzbach gezeigten Diagramme erläutern das Ergebnis: Bisher ist die Wiedervernässung weder schädlich noch nützlich für das Klima. Die bisher gemessenen Effekte kompensieren sich gegenseitig.
Ausblick und Abschluss
Wahrscheinlich wird das Himmelmoor erst nach Jahrzehnten der Wiedervernässung und Wiederansiedlung von bultenformenden Torfmoosen wieder klimaneutral sein, vielleicht sogar Treibhausgase aufnehmen, sich aufs neue zu einer Senke für Treibhausgase entwickeln. Ein sehr langer Atem ist nötig.
In der anschließenden Diskussion wurde noch hervorgehoben, dass die Wiedervernässung für den Erhalt dieses Landschafttyps Moor wünschenswert ist. Der Import von Torf aus dem Baltikum verschlechtert die Klimabilanz genauso wie Torfabbau in Deutschland. Etliche Tierarten und Pflanzenarten sind auf Moorgebiete angewiesen. Klima-Verbesserung ist nur ein Gesichtspunkt des Moorschutzes. Und Moor-Erhalt ist allemal besser als Moor-Verbrauch.
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